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Schule

weiterführende Schule

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Die ersten Jahre in der Grundschule sind geschafft, der Wechsel an eine weiterführende Schule steht an. Oftmals ist diese Phase eine Zeit der Freude auf Neues, andere Erfahrungen, und Perspektiven, aber auch der Unsicherheit, der Zukunftsängste oder der Ratlosigkeit.

Eltern und Lehrer versuchen gemeinsam, die "richtige" Schule für ihre Kinder und Schüler zu finden. Für viele frühgeborene Kinder ist dies kein Problem, für einige keine einfache Aufgabe, da sich bereits im Laufe der Grundschulzeit Auffälligkeiten zeigten, die entsprechende Unterstützung und Aufmerksamkeit erfordern.

In jedem Fall ist es unabdingbar, dass Eltern und Lehrer sich im gemeinsamen Dialog, auch unterstützt durch Fachleute aus Therapie, Psychologie und Medizin, auf die bestmögliche Regelung einigen, um die passende Schule für diese Kinder finden.

Zusätzliche Informationen finden Sie auch in unserem Buch "Frühgeborene und Schule - Ermutigt oder ausgebremst".
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31. Mai 2010
Der Arbeitskreis „Frühgeborene und Schule“ an der Thomas-Mann-Schule in Lübeck: Umgang mit Problemen Frühgeborener an einem Gymnasium
Ein Bericht von OStR´ Karin Pichura,
Koordinatorin des Arbeitskreises und Lehrerin an der Thomas-Mann-Schule Lübeck,
Mutter zweier frühgeborener Kinder
(zum Öffnen/Schließen des Panels bitte den Link anklicken)

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Umgang mit Problemen Frühgeborener an einem Gymnasium

Wenn ein frühgeborenes Kind die Grundschulzeit so erfolgreich durchläuft, dass es den Sprung ins Gymnasium schafft, ist das zunächst ein Grund zu großer Freude. Möglicherweise setzt sich die Schulkarriere so unproblematisch fort. Es kann aber auch sein, dass leidvolle Erfahrungen im Schulalltag bevorstehen und die ganze Familie belasten. Denn bestimmte Entwicklungsstörungen können trotz hoher Begabung den Schulerfolg in Frage stellen und das Wohlbefinden des Kindes in der Schulgemeinschaft erheblich beeinträchtigen.


Die Entstehung des Arbeitskreises

Damit diese Kinder die Chance auf einen begabungsadäquaten Schulabschluss haben, sind häufig Unterstützungsangebote erforderlich. Zu diesem Zweck hat sich an der Thomas-Mann-Schule in Lübeck vor gut zehn Jahren der Arbeitskreis „Frühgeborene und Schule“ gebildet. Anlass waren die massiven Schwierigkeiten eines Kindes in der Orientierungsstufe, das als extremes Frühgeborenes zur Welt gekommen war und das sich nun trotz eindeutiger Gymnasialempfehlung der Belastung des Schulvormittags kräftemäßig nicht gewachsen zeigte. Da die Vermutung nahe lag, dass angesichts der Fortschritte in der Perinatalmedizin in den folgenden Jahren immer mehr ehemalige extreme Frühgeborene die weiterführenden Schulen besuchen und mit ähnlichen Schwierigkeiten kämpfen würden, fand sich ein Kreis aus betroffenen Eltern, Lehrerinnen verschiedener Schularten sowie Fachleuten aus Medizin und Psychologie zusammen, um nach Lösungen zu suchen.
Unsere anfängliche Vorstellung, ein einheitliches Entwicklungsmuster zu finden und entsprechend eine Art Leitfaden zu erstellen, wie Frühgeborene in der Schule unterstützt werden können, mussten wir schnell aufgeben, weil sich die Symptomatik bei jedem einzelnen Kind anders darstellte und wir für jeden Einzelfall neue Lösungswege suchen mussten.


Unsere Arbeitsweise

Inzwischen ist aus dem Arbeitskreis ein Eltern-Lehrer-Gesprächskreis geworden, der sich bei Bedarf in unregelmäßigen Abständen trifft. Wenn ein frühgeborenes Kind neu an die Schule kommt oder im Verlauf der Schulzeit Schwierigkeiten auftreten, tritt die Runde zusammen, die aus den betroffenen Eltern, der Orientierungsstufenleiterin, dem Klassenlehrer oder der Klassenlehrerin des Kindes, weiteren Lehrkräften und weiteren – schon schulerfahrenen -Frühgeborenen-Eltern besteht.
Zunächst geht es darum, Verständnis für das Kind zu entwickeln. Die Lehrerkräfte hören, wie Eltern die Situation erleben, wie sie sich für die Kinder anfühlt, und die Eltern erfahren, wie das Kind in der Schule gesehen wird. Der Unterschied zu den üblichen Einzelgesprächen besteht darin, dass die anderen Eltern meist ähnliche Erfahrungen beisteuern; für die meisten Lehrkräfte wird die Situation der Frühgeborenen durch die sehr eindrücklichen Schilderungen der Erlebnisse um die Geburt herum und in den ersten Lebensjahren erst plastisch vorstellbar, sodass eine andere Sicht auf das Kind entsteht und die Probleme ernster genommen werden. Der Angst, die viele Eltern vor Gesprächen in der Schule haben, da sie mangelndes Verständnis und kränkende Bemerkungen fürchten, wird entgegengewirkt durch die Unterstützung, die die Anwesenheit anderer Eltern und Lehrkräfte bedeutet.
Außer dass das Verständnis für das Kind wächst, geht es darum, konkrete Lösungen für seine individuellen Probleme zu finden. Die Funktion des Arbeitskreises besteht dabei in der Ideensammlung und in der Weitergabe von Erfahrungen. Eine möglichst genaue ärztliche und psychologische Diagnose der bestehenden Entwicklungsschwierigkeiten ist hilfreich, damit auf der Grundlage des Erlasses über den Nachteilsausgleich Sonderregelungen eingeführt werden können (zum Beispiel die Genehmigung der Benutzung eines Laptops im Unterricht; die weitreichendste Unterstützungsmaßnahme, die durchgeführt wurde, bestand in der regelmäßigen Befreiung eines Kindes von Randstunden während eines Halbjahres, sodass der Schulvormittag deutlich verkürzt wurde).


Übereinstimmende Probleme: geringes Selbstbewusstsein und geringe Belastbarkeit

Probleme, die bei unseren Schülern und Schülerinnen auftraten bzw. auftreten, sind Teilleistungsstörungen, motorische Defizite, Hyperaktivität, Störungen im sozialen Bereich, wobei sich die Symptomatik in jedem Fall anders darstellt. Es kristallisierten sich aber zwei übereinstimmende Problembereiche heraus: geringes Selbstbewusstsein und geringe Belastbarkeit – die Frühgeborenen zeigen sich deutlich stressanfälliger und leichter irritierbar als andere Kinder, was Konsequenzen für die Unterrichtsgestaltung haben sollte. Eine ruhige Arbeitsatmosphäre, Rückzugsmöglichkeiten und klare Strukturen sind hier gefordert. Eine große Hürde stellen soziale Veränderungen und Übergänge dar, vor allem der Wechsel auf die weiterführende Schule, der häufig soziale Schwierigkeiten mit sich bringt. Kleine, stabile Klassen mit möglichst wenig Lehrerwechsel erleichtern die Anpassung an die neue Situation.


Unterstützen und Fordern

Eine Frage, die den Arbeitskreis häufig beschäftigte, ist die nach der richtigen Balance von Unterstützen und Fordern – wo geben wir Schonraum, wo drängen wir weiter, sodass sich Selbstbewusstsein und Autonomie ausbilden können? Da Frühchen-Eltern oft jahrelang die Notwendigkeit erfahren haben, ihre Kinder zu unterstützen, fällt es ihnen vielfach noch schwerer als anderen, ihre Kinder mit der beginnenden Pubertät ein Stück weit loszulassen, was für deren Entwicklung aber unerlässlich ist. Wichtig ist, auch hier individuelle Maßstäbe anzusetzen und nicht immer mit gleichaltrigen Reifgeborenen zu vergleichen.


Schulkarrieren

Inzwischen hat der Arbeitskreis einige Schüler und Schülerinnen in ihrer gesamten schulischen Laufbahn begleitet. Er ist hauptsächlich in der Orientierungsstufe aktiv, da dort die meisten Schwierigkeiten auftreten. Während der Mittelstufe fand in der Regel eine allmähliche Stabilisierung statt, die in der Oberstufe in einer Normalisierung mündete. Fast alle, die wir länger beobachtet haben, haben das Gymnasium erfolgreich durchlaufen und ein recht gutes Abitur abgelegt. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass das, was diese Kinder am Anfang an Mehr aufwenden mussten, um dasselbe zu erreichen wie ihre Mitschüler und Mitschülerinnen, ihnen später zugute kommt, weil sie eine gute Arbeitshaltung entwickelt haben. Das sollte alle Eltern ermutigen, die gerade mit Startschwierigkeiten kämpfen!
Hier besteht Handlungsbedarf!

Die enge Zusammenarbeit von Elternhaus und Schule bei der Begleitung der Kinder hat sich als sehr fruchtbar erwiesen. Nach wie vor ist in der Regel hartnäckiger Einsatz der Eltern unerlässlich, da vielen Lehrern und Lehrerinnen die Problematik der Frühgeburtlichkeit nicht bewusst ist, und gerade wenn die betroffenen Kinder aufgrund ihres geringen Selbstbewusstseins eher zurückhaltend sind, werden ihre Probleme oft nicht erkannt.
Lehrer und Lehrerinnen, die sich engagieren wollen, stoßen im Alltag oft an die Grenzen des Machbaren. Je höher die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte insgesamt wird, desto weniger Energie bleibt übrig für die Belange der Frühgeborenen. Deshalb ist es wichtig, auch auf geeignete Rahmenbedingungen hinzuwirken:

  • kleine, stabile Klassen

  • Entlastungsstunden für die Lehrkräfte, die Kinder mit „erhöhtem Förderbedarf“ unterrichten und/ oder Doppelbesetzungen, eventuell Einbeziehung sozialpädagogischer Fachkräfte

  • ruhige Arbeitsatmosphäre durch geeignete räumliche Gegebenheiten (Akustikdecken; Kleingruppenräume für Gruppenarbeitsphasen)

  • Rückzugsmöglichkeiten / Ruheräume für die Pausen (besonders bei Ganztagsbetrieb!).

Individuelle, kreative Lösungsansätze, die aus einer konstruktiven Zusammenarbeit von Elternhaus und Schule entstehen, können auf einer solchen Basis den Schulalltag Einzelner erheblich erleichtern.

Karin Pichura

Die Verfasserin ist Koordinatorin des Arbeitskreises und Lehrerin an der Thomas-Mann-Schule Lübeck. Sie ist Mutter zweier frühgeborener Kinder.
28.05.10

 

3. Rheinland-Pfalz-Symposium "Kind im Mittelpunkt"

Karin Pichura wirkte bereits als Referentin mit beim Symposium "Frühgeborene in der Schule - (k)ein Problem!?" des Landesverbandes "Früh- und Risikogeborene Kinder Rheinland-Pfalz" e.V.
>>>mehr auf den Seiten des LV ...

Kontakt:

OStR´ Karin Pichura
Thomas-Mann-Schule, Lübeck
Arbeitskreis "Frühgeborene und Schule"
Thomas-Mann-Str. 14, 23564 Lübeck

Download des Berichts
"Umgang mit Problemen Frühgeborener an einem Gymnasium" Bericht (pdf, 23 KB)

Download des Tagungsberichts

Tagungsbericht (pdf,  812 KB)

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