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Teilleistungsschwächen

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Werden Kinder zu früh geboren, ist ihr gesamtes Organsystem, einschließlich des Gehirns noch nicht völlig ausgereift und mit dem Entwicklungsstand eines termingerecht geborenen Kindes nicht vergleichbar. Zwar werden die Defizite in der Regel aufgeholt, bzw. kompensiert, jedoch zeigen Langzeitstudien
(>Studien), dass Frühgeborene in ihrem späteren Leben häufiger von Entwicklungsstörungen betroffen sind, als reif geborene Kinder. Diese Störungen können sich auf die motorische, sprachliche, geistige oder seelische Entwicklung auswirken.

Ist nur ein bestimmter Bereich betroffen spricht man von Teilleistungsstörungen bzw. Teilleistungsschwächen. Dies sind Beeinträchtigungen, die sich bemerkbar machen können durch

  •  motorische Probleme
  • >Wahrnehmungsstörungen
  • Störungen der Sprache
  • Kontaktschwierigkeiten
  • emotionale Störungen

Bei vergleichsweise vielen ehemaligen Frühgeborenen kristallisieren sich mit der Zeit letztendlich Diagnosen wie

heraus, die ebenso zu diesem Bereich gehören. Die Auswirkungen dieser Teilleistungsstörungen machen sich in größerem Umfang oft erst in der Schule bemerkbar und können maßgeblichen Einfluss auf Erfolg oder Misserfolg eines Kindes in der Schule haben.


Teilleistungsschwächen und Frühgeburt

Statistisch betrachtet sind Frühgeborene deutlich häufiger von solchen Teilleistungs- bzw. Aufmerksamkeitsstörungen betroffen als ihre reifgeborenen Klassenkameraden. Darüber hinaus weisen zahlreiche frühgeborene SchülerInnen die genannten Störungen in subklinischer Form auf ( >Studie zu Problemen Frühgeborener im Schul- und Vorschulalter von Dr. Nina Gawehn, Ruhr-Universität Bochum). Das bedeutet, dass sie Tendenzen bzw. unterschwellige Merkmale zeigen, welche aber für eine definitive Diagnose nicht ausreichend sind. Das schulische Lernen der Kinder erschweren sie aber dennoch mitunter sehr.

Um eine Teilleistungs- oder Aufmerksamkeitsstörung festzustellen, müssen die Fähigkeiten eines Kindes im betroffenen Bereich deutlich geringer ausgeprägt sein als sein allgemeines Fähigkeits- und Leistungsprofil.
Teilleistungs- und Aufmerksamkeitsstörungen scheinen im Zusammenhang mit Störungen der auditiven und/oder visuellen Wahrnehmung zu stehen. Auch Schwächen in den sogenannten >"Basalen Kompetenzen" - also in Grundfertigkeiten, die zum Erlernen der Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen notwendig sind - gehören zu diesem Komplex der "Stolpersteine für den Lernprozess" und können das schulische Lernen eines Kindes empfindlich stören.


Irgendetwas stimmt nicht

In der Praxis vergeht meist viel Zeit, bis Eltern und Lehrer einer solchen Lernproblematik auf die Spur kommen. Am Anfang steht oft nur ein diffuses Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmt. Da aber die Schulanfänger alle etwas Eingewöhnungszeit in ihre neue Situation brauchen und da sie auch alle mit unterschiedlichen Lernausgangslagen zur Schule kommen, wird diesem Gefühl meist sowohl von Eltern- als auch von Lehrerseite keine größere Bedeutung beigemessen. Eine schleichende Entwicklung nimmt ihren Gang, in deren Verlauf das Kind vielleicht bald die Lust an der Schule bzw. am Lernen verliert. Gehäufte Symptome wie "Kopfweh" und "Bauchschmerzen" können auftreten. In vielen Familien wird mit der Zeit das Thema "Hausaufgaben" zu einem ganz heißen Eisen. Das Kind bewältigt die Aufgaben nicht in der vorgesehenen Zeit oder es hat Aufgaben, die es in der Schule nicht bewältigt hat, als zusätzliche Arbeit zuhause zu erledigen. Die Nachmittage und die Wochenenden werden von den Hausaufgaben besetzt, Freizeit und Familienzeit werden knapp. Oft ist das Kind entnervt, weint oder gebärdet sich wütend, wenn es die Aufgaben machen soll.

Die Eltern versuchen vergeblich, es beim Erledigen dieser Arbeiten zu unterstützen. Auch ihre Nerven liegen mit der Zeit blank, da nichts zu helfen scheint und kein Ende dieser unerträglichen Situation absehbar ist. Geschwister kommen zu kurz, das gesamte Familiensystem ist höchst belastet. Spätestens jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo eine fundierte Diagnostik - möglichst durch ein >Sozialpädiatrisches Zentrum - die Ursachen der Lernproblematik aufdecken sollte.


Diagnosestellung entlastet

Sind die genauen Lernhemmnisse erst einmal festgestellt worden, kann eine geeignete therapeutische Unterstützung erfolgen. Bei einer Lese-Rechtschreib-Schwäche sowie einer Dyskalkulie werden dies in der Regel außerschulische Therapien sein. Mehr üben oder einfach nur ein wenig anders üben, hilft bei solchen Grundgegebenheiten nicht. Ist eine Aufmerksamkeitsstörung diagnostiziert worden, kann ein Konzentrations- bzw. Verhaltenstraining und/oder eine Medikation eingeleitet werden.

In allen Fällen wirkt die Diagnosestellung für alle Beteiligten stark entlastend. Die Eltern können sich von dem stillen Vorwurf, beständig etwas falsch zu machen, befreien, denn beispielsweise eine Aufmerksamkeitsstörung ist eben kein Erziehungsfehler, wie die Umwelt oder gar man selbst mittlerweile dachte. Auch ist es keine Unverschämtheit des Kindes und auch keine zugrundeliegende Dummheit, sondern es ist "nur" ein Unvermögen des Kindes, seine Aufmerksamkeit zu fokussieren. Mit dieser Grundgegebenheit muss man nun - auch wenn sie therapeutisch beeinflusst wird - versuchen, sein Leben zu gestalten. Ähnliches gilt für Kinder mit Lese-Rechtschreib-Schwäche oder Dyskalkulie. Auch hier entlastet das Wissen, das Kind ist nicht minderbegabt und auch nicht ungezogen, Eltern und Kinder ungemein. Viele Einzelheiten werden im Nachhinein plötzlich verständlich, z.B. wenn ein Kind seit Jahren gewisse Situationen ganz geschickt vermieden hat.


Schule - Die nächste Hürde

Die nächste Herausforderung besteht darin, die schulische Situation unter den neuen Vorzeichen der Diagnose zu gestalten. Hier muss man die Lehrer als die verantwortlichen "Lern-Fachleute" ins Boot holen. Viele Lehrkräfte - gerade an den Regelschulen - sind allerdings für den Umgang mit Teilleistungsschwächen, Aufmerksamkeitsproblemen und Wahrnehmungsstörungen nicht ausgebildet worden. Im Sinne des Kindes müssten sie sich idealerweise mit den Therapeuten, Ärzten und Eltern über ein sinnvolles Vorgehen im Unterricht verständigen, um das jeweilige Kind mit seiner Lernstörung wirkungsvoll zu unterstützen. Dabei sollte eine individuelle Anpassung des Lernarrangements vorgenommen werden. Zudem darf die psychische Befindlichkeit des Kindes sowie seine soziale Situation in der Klasse nicht unberücksichtigt bleiben.

Kinder mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche können in der Regel für Leistungsnachweise einen  >Nachteilsausgleich in Anspruch nehmen, der sie Kindern, die keine derartige Einschränkung haben, im schulischen Bereich gleichstellen soll. Für Kinder mit Dyskalkulie kann diese Regelung leider nicht angewendet werden, so hat es die Kultusministerkonferenz entschieden.

Wird eine außerschulische therapeutische Unterstützung notwendig, stellt sich die Frage nach der Finanzierung einer solchen Maßnahme. Unter bestimmten Umständen kann hierfür die Unterstützung des Jugendamtes in Anspruch genommen werden, wie der Infotext
>"Kooperation von Jugendhilfe und Schule beim Umgang mit Lese-Rechtschreib- und Rechenstörungen" am Beispiel des Bundeslandes Rheinland-Pfalz im Buch "Frühgeborene und Schule" erläutert (Originaltext s. externer Link zum Bildungsservers Rheinland-Pfalz:
>>>Kooperation von Schule und Jugendhilfe).

 

Ausführliche Informationen finden Sie auch in unserem Buch "Frühgeborene und Schule - Ermutigt oder ausgebremst", Kapitel 2: "Stolpersteine für´s Lernen".

>Weitere Informationen und Download

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